Tag der Arbeit gewinnt immer mehr an Bedeutung

Olaf Lies: Beim Thema Arbeit muss endlich auch die Würde wieder an Bedeutung gewinnen

Der 1. Mai, der Tag der Arbeit, ist für Frieslands SPD-Landtagsabgeordneten ein Feiertag mit großer Geschichte. „Ich bin überzeugt, dass dieser Tag der „höchste“ Feiertag der Arbeiterbewegung ist. Es gelten immer noch die grundlegenden Anliegen, nämlich Vollbeschäftigung, gerechte Entlohnung und bessere Arbeitsbedingungen. Das ist aktuell wie eh und je“, so Lies mit Blick auf den morgigen Feiertag. Es gehe dabei allerdings nicht nur darum, was diese Arbeit finanziell einbringt sondern es gehe um viel mehr. „Eine anständige Arbeit schafft nicht nur Einkommen, sondern sie ermöglicht, auf eigenen Beinen zu stehen, sie ist Selbstständigkeit, sie schafft Stolz und Würde“, ist Lies überzeugt. Darum sei es für ihn auch selbstverständlich morgen gemeinsam mit den Gewerkschaften für das Leitbild der „guten Arbeit“ einzustehen. „Ich werde morgen zunächst in Varel und dann in Wilhelmshaven bei den Kundgebungen dabei sein.“

Und Lies macht das auch im Bewusstsein, dass Sozialdemokraten sich nicht davon frei machen können, für einen Teil der aktuellen Probleme am Arbeitsmarkt auch die Verantwortung zu übernehmen. „Darum ist es mir wichtig diesen Tag auch für den Dialog zu nutzen und deutlich zu machen was sich am Arbeitsmarkt ändern muss. „Wir erleben in Deutschland und natürlich auch in Niedersachsen einen inzwischen stark geteilten Arbeitsmarkt.“ Auf der einen Seite stehen vernünftige tarifliche Bezahlung im Vordergrund, aber es gebe in zunehmenden Maße auch die andere Seite. „In Niedersachsen arbeiten zurzeit fast 700.000 Beschäftigte im Niedriglohnbereich für weniger als 9,50 die Stunde. Dieser Bereich ist in den letzten Jahren erheblich angewachsen“, berichtet Lies aus einer aktuellen Studie. Und das habe auch erhebliche Folgen für die öffentlichen Haushalte. „Arm trotz Arbeit ist für viele Alltag. Allein das Land Niedersachsen muss in seinen Haushalt jährlich fast 400 Mio. Euro aufwenden um Geringverdienern mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung das Existenzminimum zu sichern.“ Insgesamt würden Bund, Land und Kommunen inzwischen 1,2 Mrd. Euro pro Jahr an den sogenannten Aufstockerleistungen zahlen.

„Bei diesem Personenkreis sprechen wir aber in der Statistik nicht von Arbeitslosen. Die kommen noch einmal obendrauf und davon haben wir in Niedersachsen 350.000. Demgegenüber stehen gerade einmal ca. 45.000 offenen Stellen.“ Dabei so Lies, seien es aber in immer stärkerem Maße Stellen in der Leiharbeit. Mehr als jede dritte gemeldete offene Stelle in Niedersachsen sei ein Leiharbeitsjob. Mehr als die Hälfte dieser Beschäftigungen wird nach weniger als drei Monaten wieder beendet. Jeder achte Leiharbeiter ist auf Aufstockung durch staatliche Hilfe angewiesen. Leiharbeiter verdienen bis zu 50 % weniger als ihre fest angestellten Kolleginnen und Kollegen, die die gleiche Arbeit machen. „Das ist ein Skandal! Auch hier geht es nicht nur ums Geld sondern um Zukunftsperspektiven und vor allem um Würde.“ „Das haben auch wir Sozialdemokraten mit zu verantworten und wir müssen diese Situation dringend ändern“, erklärt Lies. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit und eine Begrenzung der Leiharbeit sei dringend erforderlich. Hinzu kommt noch die ehebliche Zunahme bei der befristeten Beschäftigung. Jeder dritte junge Arbeitnehmer unter 25 Jahren ist nur befristet beschäftigt.

Ebenso ist überfällig, dass Frauen für gleiche Arbeit genau so viel verdienen wie Männer. Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit, aber die Wahrheit ist, dass Frauen immer noch über 20 % weniger als Männer verdienen. Wir müssen die Benachteiligung von Frauen in Betrieben beseitigen. Nicht durch das Bitten, sondern durch eine gesetzliche Regelung. Gleicher Lohn muss gesetzlich vorgeschrieben und einklagbar werden. Und viel wurde in den letzten Jahren zum Thema Mindestlohn gesagt. „Mal ehrlich, es ist viel zu viel geredet worden und in den meisten Branchen haben wir immer noch keine Lösung. Wir wollen einen branchenunabhängigen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland“, fordert Lies. Und er nennt noch einen weiteren Grund dafür. „Der Niedersächsische Landeshaushalt würde dadurch um 130 Millionen Euro entlastet. Das Argument müsste doch dem letzten Kritiker reichen.“